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träumen

beitrag von: lyda

verlassen

nachts wache ich jetzt öfter auf. allerhand gedanken gehen mir durch den kopf, allerhand gestalten tauchen mir auf. man könnte sagen, ich denke über mein leben nach.

... rote Ziffern des Weckers glotzen herüber, lautlos tickt zwischen ihnen der Doppelpunkt, die Zeit vergeht, die Nacht wird immer länger. Durch die Stille rattert ein Motor und dröhnt plötzlich davon, reißt mich in seinem Sog mit, bis er nicht mehr zu hören ist, lässt mich barfuß auf der Fahrbahn zurück, ein Eisbär steht neben mir, habe keine Angst, bin nicht einmal erstaunt, er begleitet mich durch die leergefegte Stadt, durch einem Park mit blühenden Bäumen und zwitschernden Vögeln, über Asphaltaufbrüche, aus denen sich Löwenzahn hervorzwängt und mit gelben Sonnenköpfen leuchtet. Unter einem Kanalgitter rauscht Wasser, irgendwo müssen Menschen sein, irgendwo hinter verschlossenen Türen, hinter blankgeputzten Fenstern, hinter gefälligen Fassaden, klingle, klopfe, rufe - niemand öffnet. Der Eisbär geht unbeirrt weiter, laufe ihm nach, die Straße endet am Wasser. Am Fluss? Am Meer? Rote Ziffern versinken am Horizont. Es gibt keine Eisschollen! ...

review von: peter rosei

eine mischung zwischen trashigen und dichterisch starken Bildern: gelungen. Man folgt dir auch gern.

kleinigkeiten: der bär streunt unbeirrt weiter … für das ende fände ich passender: eisschollen treiben in die ferne hinaus …

mal überlegen
Karin Endler sagt
20.04.2020 20:08
Danke für den Kommentar. "streunt" ist natürlich viel stärker als das banale "gehen" - danke für den Hinweis. Vielleicht nehme ich als Schluss: "Eisschollen treiben in der Ferne". Das "hinaus" beinhaltet, dass vielleicht zumindest eine Eisscholle noch in der Nähe ist und ich wollte, dass es kein Weiterkommen gibt.
peter rosei sagt
20.04.2020 21:06
und keine rettende eisscholle! - ginge auch (was freilich etwas andeutungsweise humoriges hat)