Meine Mutter ist tot
wenn die Erschütterung einen Sinn hatte
dann ist es zu leben -
intensiv
hungrig
dursrig
lebensdurstig
Ich hörte an ihrem Sterbebett
wie ihr Atem
immer weniger
an ihrem Lebensfaden
anknüpfte
und dann
davonflog
leicht
wie eine Schwalbe
bei der
Herbstwanderung
Und ich dachte
hoffte
sie würde sich ins Leben zurückkämpfen
Sie fog davon
Nie gab sie mir
worum ich sie gebeten habe
Habe ich auch nicht
ich konnte nicht
sie konnte nicht
Ich wünschte mir von ihr Schutz und Liebe
Sie forderte Liebe
ohne Berührung
Sie wollte einen Sohn
Ich wurde eine Tochter
Sie wollte ein Weibchen
Ich wurde eine Frau
Sie wollte Oberflächlichkeit
Ich wurde nachdenklich
Sie wollte mich im Glitzer sehen
Ich hüllte mich in Schwarz
Schwarz schützte mich
ich fühlte mich geborgen
versteckt vor der Welt
Du klagtes mich vor der Welt an
weil ich nicht deinen Vorstellungen entsprach
und sie verfolgten mich mit Vorwürfen
Als ich zu dir zurückkehrte
bist du aus dem Leben
geflüchtet
Werde ich Weihnachten alleine sein?
Da ich nicht mehr vor dir flüchten muss?
Ich glaube
ich fühle mich jetzt einsam
Das ist für mich ungewohnt
Ich war blind
Mutter
Verzeih mir
review von: peter rosei
entweder du läßt die zeit vergehen und versuchst dann, dieses komplizierte verhältnis zu analysieren und darzustellen, sozusagen kaltblütig - oder aber du rechnest ab: mit dir selbst vor allem. und mit deiner geliebten mutter. das sind die möglichkeiten, die ich sehe.