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träumen

beitrag von: claudiaE

sag uns, wo du bist

nachts wache ich jetzt öfter auf. allerhand gedanken gehen mir durch den kopf, allerhand gestalten tauchen mir auf. man könnte sagen, ich denke über mein leben nach. "ich vertraue dir nicht mehr!" und "krieg' dein leben in den griff!" hat sie gesagt. sagen auch die anderen, die namenlosen, die gesichter, die ineinander verschwimmen.

wo bin ich jetzt noch zuhause?

ich sehe ihre hand noch vor mir, hier im dunkel, während ich in dieser fremden, sterilen duftwolke liege. ihre ausgestreckte hand. ich schlage sie weg. dann der erhobene zeigefinger. es juckt mich. an den armen, am bauch, an den schenkeln. am kopf, hinter den ohren, im gesicht. nicht ins gesicht fassen, bitte. "warum zitterst du?"

wo kann ich jetzt noch hin?

mein telefon beobachtet mich. warum finden sie mich dann nicht? warum schreiben sie "sag uns, wo du bist"? sie wissen es bestimmt. aber es ist ihnen egal. ich bin ihnen egal. ich schalte das telefon aus. ich nehme den akku heraus, entferne die sim-karte, lege jedes teil in eine andere ecke des zimmers. in der vierten ecke sitze ich. hier finden sie mich nicht. wenn ich gleich einschlafe, dann bin ich zuhause.

review von: peter rosei

eine traurige, in sich schlüssige geschichte. wo kommt aber die fremde, sterile duftwolke her? eine gescichte des verlustes- irgendeine schuld lauert im hintergrund: was ist das für eine schuld?
der letzte absatz erschließt sich nicht recht aus dem vorigen, das doch auf eine person bezogen scheint. wer sind diese "sie"? - vielleicht versuchst du die gestellten fragen kreativ zu beantworten?
Claudia Endrich sagt
22.04.2020 18:39
Danke, genau diese Aspekte habe ich auch überlegt... Die Schuld soll aber bewusst interpretierbar sein. Ich lade eine zweite Version hoch!