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träumen

beitrag von: Brava06

Plexiglaszaun

Nachts wacht er öfter auf. Allerhand Gedanken gehen ihm durch den Kopf, allerhand Gestalten tauchen ihm auf. Man könnte sagen, er denke über sein Leben nach.
Da ist dieser Traum. Sommerliche Hitze brennt auf der Haut, kein Schatten weit und breit. Die Sonne blendet. Die linke Hand schirmt die Augen ab, um zu sehen. Barfuß steht er da, wünscht sich das kitzelige Gefühl von Grashalmen an seinen Fußsohlen, es stellt sich nicht ein. Der Rasen ist braun und vertrocknet, eine Matte ohne Leben. Es ist kein Insektenbrummen zu hören, kein Vogelgezwitscher und es riecht nach Krankenhaus. 
Die Augen haben sich an die fordernd grellen Lichtverhältnisse gewöhnt. Er verweilt in einem Garten ohne Haus. Eingefasst von einem 2 Meter hohem Plexiglaszaun. Dahinter erkennt er seine Familie. Sie winken ihm zu, grüßen wohlwollend. Angst schlägt um in Freude, er lächelt, macht einen Schritt auf sie zu. Gestikulierend bedeuten sie ihm, stehen zu bleiben. Abstand wahren, trotz des Zaunes. Er hört sie nicht. In der Gruppe sieht er seine Schwester. Sie hält ein selbstgeschriebenes Schild in die Höhe: Heute, 20 Uhr, Familien-Videokonferenz auf ... . Zu unleserlich, verdammt.

review von: peter rosei

man könnte sagen, er denkt über …
weshalb schreibst du diese nur halb verhüllte corona-story nicht ganz simpel hin? die Szene ist doch traumhaft-alptraumhaft genug. schmucklos und direkt!