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der diskrete charme der funklöcher

beitrag von: Costahlova

Ausgerechnet Matterhorn!

Nie hast du dich auf den Viertausender gewagt, sagst du, aber bevor der Sensenmann aufkreuzt, willst du´s nochmal wissen. 
Jetzt sofort oder später? Thomas grinst und pustet einen Handkuss in ihre Richtung. 
Weißt eh, dass es da oben kein Netz gibt, nur Funklöcher, weit und breit. Die Luft ist knapp, fügt er hinzu. 
Stirnrunzeln. Sie beginnt den Rucksack zu packen: Pullover, Baumwollhemden, zusammengerollt, übereinandergeschichtet. Stirnlampe. 
Zuerst musst du zur Hörnlihütte, auf zirka dreitausend Meter. Er beobachtet sie von der Seite. Seine Blicke kleben im Nacken. Sie weiß, dass er ihr den Viertausender nicht zutraut. 
Kannst ja mitkommen, murmelt sie, und packt weiter. Er umringt sie mit ausgestreckten Armen, hält sie fest. Sie windet sich aus der Umarmung, greift nach der silbernen Thermosflasche. 
Fit musst du halt sein, mahnt sie und schaut ihm ins Gesicht. Nun übertreib mal nicht, Lisi, entgegnet er, zieht den Bauch ein. Warum willst du unbedingt auf den tödlichsten Berg? 
Ihr Atem stockt. Einen Moment hält sie inne, zögert, als wollte sie ihre Reisepläne verwerfen.  
Mach dir keine Sorgen, der Bergführer ist ein Profi. Ich ruf´dich zwischendurch an. Zug Richtung Zermatt rollt ein, ein letzter Kuss. Türen quietschen. Dark night. 
6 Uhr startet sie mit Bergführer Urs. Schnaufend erklimmen sie den Weg zur Hörnlihütte, bereiten das Nachtlager vor. 
Sie sucht ihr Ladekabel, scannt Gedanken. Wohnung? Zug? 
Vergeblich! Thomas. Sms.
Plötzlich Akku Zero. 
Dark Display. 

review von: heinrich steinfest

Toller Titel!
Und das ist bitte nicht ironisch gemeint. Ein guter Titel ist wie ein Eintrittstor. Und wär’s ein ganzes Buch, wäre ein Verlag wohl recht zufrieden damit und müßte dem Autor oder der Autorin nicht den Arbeitstitel ausreden, weil der Arbeitstitel irgendwie irgendwem nicht gefallen könnte oder irgendwer mit dem Namen des Berges nichts anfangen kann.
Der Name Matterhorn tönt gewaltig.
Ich mag den Rhythmuswechsel im Text zwischen ausholenden Sätzen und den staccatoartig kurzen, die ja auch das Finale bestimmen. Bei dem ich mir vielleicht noch ein kurzes Nachwort wünschen würde, etwas, das ich als „Aussicht für den Lesenden“ bezeichne, dort, wo er die Geschichte weiterdenken kann. Etwa das Helle nach dem Dunklen. Vielleicht auch das Verderben.

Wenn ich etwas vorschlagen darf, würde ich die direkte Rede in irgendeiner Form markieren. Ich meine schon, daß das dem Lesenden sehr hilft, nicht zuletzt hilft es ihm, die Stimme des Sprechenden, ihren Klang stärker zu vernehmen.
In jedem Fall ein gut erzählter Text.
Cornelia Stahl sagt
17.04.2021 17:19
Lieber Heinrich Steinfest,
vielen Dank für das konstruktive Feedback.
Die wörtliche Rede hatte ich zum Teil kursiv gesetzt, teilweise mit Anführungszeichen versehen.
Beim Folgetext muss ich die Zeichenanzahl genauer beachten.
Danke nochmals.
Beste Grüße, C.