beitrag von: beatemayrk
Geborstene Netze
Es war die Zeit, als ich jeder Wasserperle, die taufrisch an diesem Netz hing, begierig mit den Augen folgte, jede einzelne ganz genau studierte, das trügerisch reflektierende Licht ihrer spiegelnden Oberfläche, bis sie fiel, eine einzelne dieser funkelnden Perlen, auf die nächsten Fäden dieses fein gesponnenen Datengewebes, das Funkflechtwerk schließlich ganz durchtrennte und eine Kettenreaktion auslöste, die zum Einsturz des ganzen Kartenhauses führte.
Ich hatte es nicht erwartet, dass es so kommen würde. Es hatte sich nicht angekündigt. Nur ein kurzes Ruckeln im Video. Ein abgebrochener Chat. Ein elegant schraffiertes Bild. Und dann war es ganz weg. Alles.
Ich schaltete das Handy ab, klappte den Laptop zu und setzte mich. Eine Zeit lang starrte ich nur vor mich hin. Irgendwann begannen, wir zu reden. Nein, ich war nicht allein.
Ob die Fäden je repariert wurden, konnten wir nicht mehr in Erfahrung bringen.
review von: heinrich steinfest
Soeben öffne ich den ersten Text meiner Funkloch-Klasse und werde sogleich beglückt und beschenkt.
Es beginnt mit einem wunderbaren Wasserperlen-Bild. Ich möchte fast sagen, der ganze erste Absatz funkelt: dicht, kompakt, bildhaft.
Auch mag ich, wie hier im zweiten Teil geradezu ein Wechsel im Duktus stattfindet, vom Poetischen zur Nüchternheit. Vom Ätherischen zur Bodenhaftung.
Wäre nur interessant zu erfahren, worüber hier geredet wurde, wer wir ist. Das würde man als Leser gerne wissen. Die Neugierde Lesender ist ihr Privileg. Sie stehen auf einer Aussichtswarte und hätten halt gerne etwas Aussicht.
Und noch ein kleiner lektorischer Hinweis, also Erbsenzählerei: Am Beginn des zweiten Absatzes würde ich das erste „es“ streichen, das zweite genügt ja. Und in der zweiten Zeile von unten, erster Satz, kann man den Beistrich wegnehmen.
Vielen Dank für diese Review, die mich auch sehr beglückt hat, für die wertvollen Anregungen zur Aussicht und für den lektorischen Hinweis!