Jeden Abend drückte sich
die sehr schöne Tochter eines Großgrundbesitzers gespielt absichtslos
an einem Springbrunnen,
das Wasser aufgewühlt weiß, herum
weil dort am bewegten Wasser jeden Abend
ein mittelloser Migrant stand (den man zur unbezahlten Arbeit zwang);
von Tag zu Tag glich der mehr dem Wasser, aufgewühlt, weiß, wirkte kränklich.
Eines Abends endlich sprach die Höhere Tochter ihn
an, fragte nervös
nach
seiner Herkunft,
und der Mittellose antwortete wie gefragt mit Namen (Mohamed), Heimat (Yemen) und Stamm (Asra),
ihr indirekt seine Liebe gestehend,
indem der sichtbar Sieche erklärte,
die Asra stürben, wenn sie liebten
review von: nora gomringer
Das habe ich mit Interesse gelesen. Weiss sein. Da ist natürlich in ihrer Textbefragung eine Auseinandersetzung mit Hautfarbe, gesellschaftlicher Klasse, mit so etwas wie Rasse, mit Gegenwart und orientalischer Vergangenheitsnarration. Im Originaltext ist das schon reine Konstruktion und trägt märchenhafte Züge. Und nun bei Ihnen ja irgendwie auch…Fiktionales. Denn Sie „drücken“ hier und da das hohe Niveau des Ausgangstextes und machen ihn basaler. Das Gehen wird ein „sich herumdrücken“, sie drücken verstärkend mehr aus, als dort steht („wirkte kränklich“), „rasche Worte“ sind „nervös“ und der Sklave wird nach dem Status der Mittellosigkeit beschrieben, nicht aber zB der Rechtelosigkeit. Diese Entscheidungen scheinen mir alle sehr bewusst und sie offenbaren eine bestimmte Lesart, der Sie treu bleiben in und mit Ihrem Text. Ich mag sehr, dass Sie die Schlusspointe Heines hier so „plätten“ und in die drittletzte Zeile setzen. Denn was Sie „indirektes“ Liebesgeständnis nennen, ist ja auch ein indirektes bei Heine, nur im Schwebezustand belassen durch das Ende des Textes. Danke! Ihre NG
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