beitrag von: Rouven
Übers Land laufen
Und wenn dies der letzte Sonnenstrahl wäre, der meine Haut berührte, zöge ich ihn der Sicherheit eines geregelten Lebens vor, dachte ich um 15.47 Uhr, kurz vor dem Blick auf meine Apple Watch. Schon 34’11’’ gelaufen. Weggelaufen. Das goldene Herbstlicht wusch regelmäßig alle Angstambition aus meinem sorgengefärbten Nervenkleid. Der nahe Bergrücken tünchte mit seinem mächtigen Halbschatten bald die Hälfte des Sees in ein vorübergehendes grau-grün. Der kühle Abend mit seiner friedlichen Tuchent war nicht mehr weit. Ich aber flog auf dem Lichtteppich mit, den die Sonne hinter sich über die Bergsättel schleppte, wenn sie sich immer tiefer in den Westen zurückzog. Was wäre dort zu sehen, wo noch hellichter Tag war? Ich konnte es nur erahnen wenn ich draußen war, unterwegs. Das Seeende erreicht. Von hier an lief ich heimwärts im dunkler werdenden Schatten. Widerstandslos. Mir blieb die resignative Gewissheit, dass morgen ein neuer Tag käme an dem ich vielleicht nicht umkehrte.
review von: peter rosei
unangestrengt erzählt, da gehe ich gerne mit, schöne bildfindungen, etwa "der lichtteppich, den die sonne hinter sich herschleppt" - gerade richtig viel davon, dass die story es aushält, bestens.