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unterwegs – down the road away

beitrag von: samya

ohne jede idee.

er trinkt einen schluck aus dem glas. sieht aus dem fenster. wie oft schon war er in dieser stadt. in diesem hotel. nie aber als verlassener mitfünfziger ohne arbeit und mit sehr wenig geld. warum er hierher wollte? er weiss es nicht. in einem hotelzimmer zu sitzen, den fernseher laufen zu lassen, die hotelbar zu leeren hat ja wirklich nichts, was ein leben ausmacht. um  allein rumzuhängen, hätte er auch zuhause bleiben können. aber wo ist sein zuhause? frisch geschieden muss er nächste woche raus aus seinem haus. es gehört jetzt erika und den kindern. was sein ist, steht in schachteln eingepackt in der garage. er weiss gar nicht, ob er das zeug noch haben will. eigentlich weiss er gar nichts mehr. er muss lachen, nimmt nochmal einen schluck aus dem glas. neben dem bett liegt ein buch. er beginnt drin zu lesen. es ist die bibel.

review von: peter rosei

das geht sehr ok, finde ich, authentisch alles, einfach und ohne wehleidigkeit erzählt, man folgt der bahn nach unten - und noch weiter hinunter: so geht das, so kann das gehen. die schlusspointe mit der bibel in ihrer ambivalenz trifft dann direkt.
stephan flommersfeld sagt
25.10.2023 07:51
ich denke an "somewhere" von sofia coppola. Ein guter freund von mir hat sich mit tabletten in einem hotelzimmer das leben genommen. dein protagonist beginnt immerhin in der bibel zu lesen. kein happy end, nur eine wahl mangels alternative. vielleicht dient sie als ablenkung von seiner einsamkeit. er kann immerhin über seine situation lachen, wenn auch eher, um nicht zu weinen. du merkst: ich habe angedockt. klasse!
samya hamieda lind sagt
25.10.2023 08:58
danke, stephan flommersfeld.
samya hamieda lind sagt
25.10.2023 08:55
danke für die rückmeldung, peter rosei.
samya hamieda lind sagt
25.10.2023 08:57
schön, dass du mich an deinen gedanken teilhaben lässt. danke.
Carla Rodrigues Bessa sagt
25.10.2023 10:02
ich finde das motiv sehr gut, und auch das unverschnörkelte erzählen, aber für mich wäre es etwas spannender, wenn der/die erzähler*in weniger urteilt oder antworten gibt, und mehr offen lässt. z. b. nach „warum er hierher wollte?“, bräuchte man nicht unbedingt das „er weiß es nicht“, das wird durch die rhetorische frage schon klar. ebenso bei „hat ja wirklich nichts, was ein leben ausmacht“, da fände ich interessanter, die sätze davor auch als fragen zu formulieren und den rest kann man sich denken. „es ist die bibel“ am ende finde ich auch irgendwie zu bedeutungsschwer, klingt nach bekehrung; als leserin frage ich mich dann, ob der/die erzähler*in da eine art message von der „(er)lösung“ mir andrehen will oder sowas.
samya hamieda lind sagt
27.10.2023 06:52
carla rodrigues besser
ja, da danke ich schon mal für die zeit, die sie sich genommen haben für ihre rückmeldung. es ist spannend zu lesen, was sie besser finden und anders machen würden. gerne denke ich darüber nach.

und by the way
samya benötigt wie carla nur ein 'die'.
stephan flommersfeld sagt
27.10.2023 12:48
samya benötigt wie carla nur ein 'die'. – das verstehe ich nicht
kristin fieseler sagt
27.10.2023 14:19
Sehr authentisch erzählt. Man hat das Gefühl, an den Gedanken des Mannes teilzuhaben. Die Pointe am Schluss ist sehr gut, und macht klar, dass er den Boden unter den Füßen verloren hat.
Carla Rodrigues Bessa sagt
27.10.2023 17:25
gern, doch. dafür sind wir hier, um uns gegenseitig feedback zu geben.
wegen "der/die": ich gehe nie davon aus, dass erzähler*in und schriftsteller*in unbedingt dieselbe person sind.