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die textförmige hängematte eines bizarren augenblicks

beitrag von: helene

tagesstruktur

tatsächlich bequem
das knarzen der getränkeverpackung am morgen
oder auf styroporresten springen

am nachmittag dann
käsefäden
eine tagesstruktur ziehen
lebensumstände dann auch wirklich 
geschmolzen, auf den kopf gestellt
und einfach hineingelegt

in die käsefäden
wie in einer hängematte geschaukelt
ein bisschen knarzig

review von: ann cotten

hm. ich muss enttäuschen, nichts an mir hat wirklich lust, über knarzige käsefäden, tagesstruktur und lebensumstände weiter nachzudenken. aber das ist natürlich mein vorurteil gegen essen und überhaupt demonstrative sinnlichkeit in gedichten. hier geht es ja in eine andere richtung (käsefetisch) aber im allgemeinen macht extra betonte sinnlichkeit in texten mir oft den eindruck zu vergessen, dass die sprache an sich schon geil ist, also das große bemühen ders autornis nicht braucht. wie nervige super-leistungsmensch-dier-auch-im-bett-alles-3x-richtig-macht-und-noch-besser oder wie wenn sich leute auf sexy aufputzen und schminken bis sie vor intentionalität ganz steif sind und man sie nicht einmal küssen kann, ohne vorher eine halbe stunde mit make-up-remover platz zu machen. das hat immer als schatten das missverständnis, dass sie wohl meinen, dass das, was sie wollen, nicht passiert, wenn sie es nicht aus eigener kraft machen, also unterschätzt die welt. 
aber das alles werfe ich nicht ihnen vor, wollte nur das phänomen deutlich beschreiben, wo sie wirklich weit davon entfernt sind, man merkt nur so gerade, dass sie absichtlich versuchen, sinnlich zu sein, das ist für meinen geschmack ein hauch zuviel absicht, aber nicht schlimm. 

wie vorher bei jemand anderem mal gesagt, wertende wörter (wie bequem) sind sehr schwer in gedichten zu benutzen, tatsächlich ist auch so ein einpark-wort - und somit fängt die erste zeile schon mit dem charme der ecke einer plastikbierkiste an. 
stimmt, tagesstruktur und lebensumstände sind so vage und abstrakt, dass ich nicht viel, eigentlich gar nichts über die figur erfahre, - aber es führt nichts dazu, nicht einmal die überzeugend sinnlichen käsefäden, die das gedicht drapieren, dass ich mehr erfahren will. 
und schließt mit einer alltäglich wertenden phrase, mit genau demselben muster einem echo auf die vom anfang. insofern funktioniert das ja gut. eine zwischen zwei von unsichtbaren mächten stabilisierten bierkistentürmen aufgeunspannte alltagshängematte. 
ein bisschen knarzig, ja, kann man so sagen.
helene proißl sagt
25.10.2020 15:30
tut mir leid, ich bin ein bisschen spät mit der text-abgabe, ich hoffe, ich kann noch dabei sein.
absicht: ich möchte etwas abbilden, das ganz nah wirkt, aber auch ganz fern bleibt, ein gefühl wecken, das nicht ganz konkret wird, eher ahnung, vielleicht so viel ahnung, dass man darüber nachdenken möchte, mit allen sinnen
Jörn Budesheim sagt
25.10.2020 19:21
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