beitrag von: caligariwerden
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Ich bin in einem land, in dem es untersagt ist, im gehen zu essen. Während ich nicht weiß, wo die wörter aufhören und wo sie anfangen, möchte ich ein kurzes gedicht schreiben.
wenn man etwas bekommen hat und noch bleibt
wird man vielleicht noch etwas bekommen
wenn man etwas bekommen hat und schon geht
wird man nichts mehr bekommen
man hat sich bedankt und verabschiedet sich.
review von: ann cotten
echt, hat die polizei das gesagt? ich habe mich gefragt, ...als ich mit einem döner die straße lang ging, weil man ja vor ort nicht essen darf.
interessant ist aber auch, wie ausgereizt wird, was man darf und nicht darf, etwa ist weder in europa noch in japan verboten, in der u-bahn zu essen, aber in japan würde es niemandem einfallen. es wäre peinlich. hier ist die kollektive sensitivität etwas niedriger und dadurch müssen dann immer mehr regeln her.
heute hörte ich einen vortrag über das genre der mädgeschelte. 200 jahre publikation von schriftlicher aufregerei über angebliche sünden von (migrantischen) mägden führten dazu, dass die hierarchiegefühle immer systematischer und sadistischer wurden. während im 17. jahrhundert zwischen mägden (und knechten) und herrschaft auf augenhöhe als zwischen arbeitspartnern gesprochen wurde. so hat sich, auch dank der schriftkultur, bis zum 19. jahrhundert eine ganze sprache des "hinunterredens" entwickelt. diese unkulturen sollte man bedenken, wenn man sich fragt, was man mit schriftsprache anfangen mag. so universalzangen wie das wort "man" haben so viele so grausliche flavours. mir wurde einmal von einer kollegin gesagt, sie würde niemals das wort man benutzen. einfach nicht benutzen, es sei so grauslich. ich benutze es schon, muss aber dabei immer an sie denken und hinterfrage dann, was ich da eigentlich tue, wenn ich es benutze - das ist von fall zu fall verschieden.
ihre sätze haben einen ironischen hall und einen festlegenden. ich muss spekulieren, dass sie über eien bettlerni sprechen. und da fällt die selektion stark ins gewicht und alles wird sehr aufgekratzt, wenn man ein gedicht über einne bettlerni schreibt. so schwanke ich zwischen zustimmung (des strukturellen analyse-aspekts) und ekel (vor dem belehrenden, wie an kinder gerichteten ton und das vorbeireden mit diesem "man" an dem objekt des gedichts).
und je nachdem ist die stille am ende des gedichts... jedenfalls so unangenehm wie die, nachdem man mit gemischten gefühlen eien bettlerni abgelehnt hat und wartet, bis sier aufgibt und weitergeht.
doch das man bleibt bei mir hier doch mit einem sehr, sehr unangenehmen nachgeschmack hängen. obwohl es vielleicht gut gemeint ist - aber wenn es ein versuch sein soll, sich hineinzuversetzen oder an die stelle zu setzen, dann geht der versuch nicht weit genug. die lage ist zu komplex, als dass sie mit einem kurzen, schnippischen gedicht ordentlich kommentiert wäre.
aber kann sein, dass ich hier mit dem hintergrundbild ganz daneben liege, und sie sind in singapur oder so.
jeder jemals geschriebene text fällt in der statistik dessen, was in der sprache gemacht wird, ins gewicht.