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rapid eye movement: fingierte träume

beitrag von: TinaPaysanDeBeignet

über felder schaukeln

ich wachte auf in einem weiß glänzenden, felder überspannenden fischernetz. ich hörte nichts als leichten wind der durch die maschen pfiff. meine hände lagen dicht vor meinen augen, ich selbst sank ein im netz und konnte sein ende nicht erkennen. meine nackte haut bildete dutzende kleine pölsterchen, umkreist von maschen. liegend untersuchte ich das geknüpfte garn dieser hängematte, in der ich in zeitlupe über landschaften schaukelte. meine fingerspitzen zupften einen knoten auseinander - es war nichts darin versteckt - zogen ihn wieder zusammen, wanderten, dem garn folgend, zum nächsten knoten - auch hier war nichts. knoten für knoten zog ich so auseinander und wieder zusammen. ich untersuchte, suchte nichts und fand ruhe in der zeitlosen bewegung. hin und her.              hin           und    
    her          hin            und               her             hin      und dann begann ich mich selbst in der sich hin und her bewegenden hängematte hin und her zu rollen. auf bauch und rücken und bauch und rücken, rollte ich seitwärts wiesenhügel hinauf, bis ganz oben, war schließlich am dicht verknüpften rand des fischernetzes angekommen, meine finger griffen nach dem äußersten knoten, schlugen die hängemattendecke über mich ein und auf bauch und rücken rollte ich seitwärts den wiesenhügel wieder hinunter und hüllte mich dabei in das netz. ich wollte jemandem mein kunststück zeigen, aber niemand war da. am bauch liegend betrachtete ich die weit unter mir vorbeiziehende landschaft ohne bäume und lauschte dem raschelnden laub.

review von: dorothee elmiger

vielleicht endet dieser traum in wahrheit schon beim hin und her, dachte ich beim lesen. zumindest könnte er es tun: das schaukeln als bewegung ohne ende, wäre doch ganz traumhaft eigentlich. und was die so schwingende person dabei sehen würde – städte, schluchten, was weiss ich, sie kann ja im prinzip über alles drüberschaukeln –, das würde mich fast mehr interessieren, als das hügel hoch und runterrollen.
die so akribische untersuchung des netzes finde ich toll: eine versunkenheit in die materie, grösste aufmerksamkeit für das detail, meditation – so wie das kind ein ding betrachtet. überhaupt das netz, die weberei, das geflecht: gutes material für den traum!