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rapid eye movement: fingierte träume

beitrag von: IchBinDieCarla

mit nägeln an den fingern

da sitze ich im fenster 
das glas ganz weich
anlehnen
weglehnen will ich mich darin 
finger strecken sich mir entgegen 
greife nach dem dunkelroten lack der wand
greife mir in die augen 
nichts brennt
die nägel werden bestrichen 
wie butterbrote 
wie werden sie bestrichen 
liebevoll 
sanft
ein toaster hier
zehn schlitze hat er 
sie schmelzen nicht davon 
die nägel
warm werden sie 
die farbe versickert in den nägeln
ich streiche 
und streiche 
und streiche 
streichle auch
schlecht wird mir 
vom geruch des lacks 

ich beginne zu zählen 
es sind mehrere da
von mir? 
vor mir? 
wo denn?
es tropft auf den boden immer
immer tropft es und ich bekomme angst der boden - 
er könnte beschmutzt werden vom 
tropfen vom ewigen tropfen 
des lacks 

die farbe also zerkratzen bis sie 
zerfließt zu nagel-farben 
die röte den füßen wieder einhauchen 
mein atem ganz langsam 
flimmert es hier nein es 
dröhnt erst jetzt verstehe ich das glas 
vibriert an meiner schulter ich 
genieße es ich 
schwinge im glas meines fensters 
und alles woran ich denken kann ist
die katze

ob sie sich fühlt wie ich 

das schnurren kommt so 
tief aus ihrer brust und wir 
beide wir 
schwingen und schnurren 
gläsern 
können nicht zerbrechen 
biegsam sind wir 

und landen auf allen vieren 
wenn wir fallen es nimmt mir
die angst während ich 
von oben nach unten? 

von einem tag in den 
anderen 

falle 

wie eine katze 
falle ich 

ohne angst 
mit nägeln 
butterbroten
an den fingern  





review von: dorothee elmiger

hier scheint alles leicht verschoben, von zeile zu zeile: als würde das, was eigentlich zusammengehört, auseinandergenommen und durch umbrüche getrennt, klingen die dinge nach oder werden vorweggenommen. die sich entgegenstreckenden finger und der rote lack der wand; das brennen der augen; das bestreichen & schmelzen der nägel bzw. brote; das, was warm wird; das streichen & streicheln. 
dann aber, als punkt oder doppelpunkt: alles woran sie denken kann ist / die katze. da fallen die dinge dann plötzlich zusammen: beide wir /schwingen und schnurren. da stimmt also plötzlich alles für einen moment und dass das fallen ohne angst geschieht, bezweifeln wir nicht. schön, wie da zum schluss auch alles noch einmal auftaucht: die nägel und das brot, das gläserne, das (un-)zerbrechliche.