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rapid eye movement: fingierte träume

beitrag von: magnavirtus

Nulla si sa, tutto si immagina.

Ich geht larviert mit einer Vogelmaske herein und geradewegs auf ein anderes zu, das vielleicht auch Ich ist, sich aber anfühlt wie ein Möbelstück. Ich sieht auf Ich hinab und bemerkt tatsächlich ein Meuble, eine Art Fauteuil, wie erwartet bequem. Auch wie erwartet sitzt nach erneutem Perspektivwechsel der Vogelmensch versunken im Peluche. Die Farbe des letzteren ist unentschieden, wie überhaupt der Traum farblos scheint, nicht schwarzweiß, aber auch nicht in Technicolor. Ein dernier cri aigu weckt Ich aus der Betrachtung, Wir erwarten, daß hier ein Wecker tönt, erkennen aber den Pfiff einer Dampflokomotive, die gerade hereingefahren kommt. Natürlich, denkt es unter der Larve, ein Phallussymbol hat noch gefehlt. Dann faltet sich die Traumzeit zusammen, und Ich ist wach.

review von: dorothee elmiger

auch ich gehe gleich mit der vogellarve (Schnabelmaske?) mit und finde dieses möblierte traumzimmer (praxis-zimmer) sehr bestechend; wie ein wort zum anderen führt und so handlung ergibt: dem traum sehr genau auf den mund geschaut. folgt man flaco und mrstrikehardt, müsste "es" dann allenfalls grossgeschrieben werden? die "selbstbewusstheit" scheint mir dem traum von beginn weg innezuwohnen, zumindest ab dem ersten perspektivwechsel – da schien mir der hinwies auf das phallussymbol ganz folgerichtig.
Michael Bertleff sagt
06.11.2020 20:02
erst später durchschaut, dass "peluche" auf italienisch etwas anderes bedeutet als auf spanisch. dort bedeutet es "kuscheltier". das bild vom vogelmenschen im kuscheltier hat dem text noch einmal eine wendung gegeben (für mich). dass "es" eine pfeifende dampflokomotive die gerade hereingefahren kommt als fehlendes phallussymbol erkennt finde ich bemerkenswert. geht mir nicht aus dem kopf.
Markus Streichardt sagt
07.11.2020 08:17
Der Einstieg mit der Vogelmaske hatte mich (und hat mich schaudern lassen). Mir gefallen die folgenden Assoziationen sehr gut (ganz im Sinne Fellinis). Ich empfinde lediglich das ironische Kommentar zum fehlenden Phallussymbol etwas unnötig. Ich bin zwar bei Falco und halte den Hinweis auf "es" denkt für einen gelungenen Einschub, aber die Ironie ist mir zu bemüht, zu "selbstbewusst".
Markus Streichardt sagt
09.11.2020 11:53
@magnavirtus wäre schön, wenn du dich zum Feedback äußern könntest. Mich würde sehr interessieren, ob die Interpretation des "es = Es" beabsichtigt war. Gleichfalls zur Ironie, oder ob diese nur von mir lediglich reingelesen wurde. Ändert vielleicht nichts an den Lesarten, aber wenn es die Möglichkeit zum Austausch gibt, nehme ich sie sehr gerne an.
Andrea Nagy sagt
12.11.2020 18:25
Das prosaische Ich und das träumende Es: „es“ kleingeschrieben, denn ein Spiel mit der Nomenclatura der Psychoanalyse ist es schon, aber eben nicht nur; auch „wir“ erschiene kleingeschrieben, stünde es nicht am Satzanfang.