beitrag von: bjerabek
Die Sinnlosigkeit von Vorgaben in der Literatur
Sehr geehrter Herr Redakteur, liebe Weltöffentlichkeit!
Ich bin wütend. Vorgaben in der Literatur sind eine Zumutung. Sie sind der Kropf am Bein des anständigen Schriftsetzers von Schrot und Korn. Sie sind nichts weiter als die intellektuell verbrämte Kleingeistigkeit einer postmodernen Geistesgesellschaft, der außer Einschränkungen nichts mehr einfällt! Stellen Sie sich vor, sie haben mit dem Durst des rechten Musensohns einen Liter vollmundigen Hopfentrunkes konsumiert, der sich nun wieder Bahn ins Freie brechen will, und da stellt Ihnen wer einen Eierbecher hin. Wie schäumt es da, wie quillt es über... Das können Sie doch nicht wollen!
--Der Wutprediger
Sehr geehrter Herr Wutprediger,
es macht mich leise seufzen, wenn alle Leute sagen, daß sie wütend sind, nur weil ein Stäublein ihren Atemstrom gekreuzt hat. Zu Ihrem Problem: Wenn Ihnen ein einziger Eierbecher nicht genügt für ihren Blasenschwall, dann nehmen Sie halt drei.
--Der Redakteur
review von: heinrich steinfest
Also, erstens bin ich froh, daß nun doch jemand meine zweite Aufgabenstellung aufgegriffen hat, und zweitens bin ich froh, daß es mit so einer herrlichen Eierbecher-Idee geschah, fulminant.
Und schön auch, daß ich nicht sagen kann, ob mir der Wutausbruch oder die Entgegnung besser gefällt.
Ein wenig war ich nur beim Begriff des „Schriftsetzers“ unsicher. Damit assoziiert man halt doch schon sehr den Druckenden und nicht den Schreibenden, oder?
Ja, normal sagt man "Schriftsteller", vielleicht auch, weil der dafür sorgt, daß man Schriften in Buchform ins Regal stellen kann.
Andererseits deklarieren sich viele heutzutage eh nur recht generisch als Autor.
Aber "Schriftsetzer", das klang für den Wutprediger so passend: so runenhaft vorgestrig, nach 19. Jhdt. mit Rohrstock zur Klavierstunde und so.
Insofern: Formfehler follows Funktionsausborgung :-)