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herbstakademie 22 "reality will eat itself"

realitätsverlust von "fieberträumen", "orgasmischem schreiben" bis zu "manipulationsschulung":
klassen mit raphaela edelbauer, christine gaigg und patrick wagner
november 2022

herbstakademie 22 "reality will eat itself"

sfd-herbstakademie "reality will eat itself"

 

die diesjährige herbstakademie findet im zeitraum 7. bis 21. november 2022 statt – zusätzlich zum regulären programm der schule für dichtung.

wenn man den begriff “realitätsverlust” von seiner psychopathologische herkunft als teil einer psychischen erkrankung abstrahiert und ihn – umgangssprachlich – als vorwurf der uneinsichtigkeit gebraucht, landet man schnell im politischen. ideologische gegnerschaft wirft der jeweiligen anderen seite gern “realitätsverlust” vor und meint damit die völlige verkennung der “wahren sachverhalte”. außenstehende erkennen darin freilich eher einen kommunikationsverlust, der umso erschöpfender ausfällt, je weiter die „realitäten“ der verfeindeten blasen bereits auseinandergedriftet sind. auf diesen konkurrierenden wirklichkeitsebenen tummeln sich die toxischen arschgeigen samt ihren troll-armeen, sie zu besiegen wäre schön, aber dazu müsste man zuerst noch den kapitalismus liquidieren. eindeutig eine zu große baustelle.

bleiben jene formen von realitätsverlust, die nicht als arschgeweih der sozialen medien über uns hereinbrechen. bleibt der realitätsverlust z.b. als pataphysische transzendenz überwutzelter naturgesetze. oder als sinnliche, gar ekstatische disziplin. und als (gewalt)bereite gegenpropaganda zu den fundamentalistischen heilsverkünderinnen jeglicher coleur. für all das haben wir expertinnen. die da:      

 

raphaela edelbauer (wien): “fieberträume – schreiben in der verlustzone zwischen realitätswahn und pataphysischer heilung”
kurzprosa. offene onlineklasse (kostenfreie teilnahme, einstieg jederzeit möglich, einfach registrieren ab 7.11.): 7. bis 21.11.
info & teilnahme >> http://sfd.at/edelbauer

christine gaigg (wien): “orgasmisches schreiben – lustgewinn durch realitätsverlust” eine klasse auf der suche nach entgrenzung und kontrollverlust durch techniken psychischer und physischer ekstase. analog: 12 unterrichtseinheiten, 7. bis 12.11. präsentation am 17.11. bewerbungsfrist geförderte plätze: 25.10.!
info & anmeldung >> http://sfd.at/gaigg

patrick wagner (gewalt; berlin): “manipulationsschulung"
eine songwriting-klasse als kontermaschine gegen die postfaktische vernebelung rechter realitätszertrümmerer.
analog: 12 unterrichtseinheiten, 14. bis 16.11., präsentation am 17.11bewerbungsfrist geförderte plätze: 25.10.!
info & anmeldung >> http://sfd.at/wagner

 

 

 

die klassen im detail:

 

raphaela edelbauer: “fieberträume – schreiben in der verlustzone zwischen realitätswahn und pataphysischer heilung”. eine kurzprosa-onlineklasse. 

jetzt, da wir die frisch gegründete “pataphysische gesellschaft wien” in der sfd beherbergen (https://www.matthes-seitz-berlin.de/buch/pataphysik.html), ist es unserem institut eine große ehre, die mitgründerin dieser nicht unabsurdistischen vereinigung als lehrende (und darm leerende) mère ubu der letzten tage gewonnen zu haben. allein die paar brosamen, verstreut von der großen klistier-apologetin selbst, lassen unsere nüstern in gespannter erwartung beben:
wir werden in dieser onlineklasse gemeinsam imaginäre medizinische prozeduren entwickeln, um kosmische und persönliche fehlstellungen zu lindern.
inspiration suchen wir bei traditionsreichen methoden: was ist ein literarischer aderlass? wie schröpfen wir einen text? und ist ein tabakklistier wirklich so schlecht wie sein ruf? von diesen überlegungen ausgehend soll eine pataphysisch-medizinische enzyklopädie entstehen, die ins internet gestellt wird.

wer da nicht gleich mit boris vian ausruft “ich denke gern an dinge, von denen ich denke, dass andere nicht an sie denken”, dem oder der ist pataphysisch leider nicht auf die sprünge zu helfen.
https://sfd.at/edelbauer

 

christine gaigg: “orgasmisches schreiben – lustgewinn durch realitätsverlust”
eine klasse auf der suche nach entgrenzung und kontrollverlust durch techniken psychischer und physischer ekstase. 

die ambivalenz ist vorprogrammiert: kontrolle des schreibprozesses und kontrollverlust im sexuellen wollen nicht so recht auf eine kuhhaut gehen. zahlreiche theoretikerinnen orgiastischer textproduktion – von antonin artaud über george bataille, simone weil, anaïs nin bis bernd mattheus – verhandeln den widerspruch, gleichzeitig außer sich und bei sich zu sein. dieser scheinbare unvereinbarkeit eignet auch eine bestimmte destruktiviutät, sie kann verrückt machen, dennoch wagen schöpferische geister bis heute das scheint’s unmögliche. weil in der entgrenzung auch eine utropische verheißung liegt. teacher christine gaigg sagt es so:

 “my body is a laboratory for orgasm”
… sagte annie sprinkle in einem interview. den eigenen körper als laboratorium für orgasmen zu begreifen legt nahe, experimentell an sich selbst artistic research zu betreiben. erst recht, und erst recht so ausführlich wie möglich, wenn die welt untergeht. bloß, die ekstase, genauso wie der künstlerische output aufgrund von orgiastischen erlebnissen, das lässt sich alles nicht so wirklich planen. mind blowing soll der orgasmus sein. wo kommt dann die textproduktion her? und davor noch: trauen wir uns drüber, unsere nicht-pc masturbationsfantasien zu teilen? in religiösen bildern und vokabeln zu schwelgen ist ja akzeptiert. doch wenn power, class, gender, race ihre verruchten rollen spielen, dann aber oho! plus die aufladung mit abgründen, mit schuld, rache, eifersucht. der orgasmus galt in den goldenen siebziger jahren als allheilmittel. das ist nicht ganz verkehrt. sich im orgasmus zu transformieren, auf seinen eigenen und auf jemand anderes‘ grund zu blicken, sich zu entgrenzen und zu zerfließen, was braucht der mensch mehr? 

http://sfd.at/gaigg

 

 

patrick wagner (gewalt): “manipulationsschulung" – eine songwriting-klasse als kontermaschine gegen die postfaktische vernebelung rechter realitätszertrümmerer

wir hatten uns bereits einen provokanten titel für die liedtext/poesie-klasse von patrick wagner einfallen lassen: “flood the zone with shit”. diese parole und methode des rechtsextremen kulturkämpfers steve bannon schien uns – situationistisch entwendet – gut zum output des berliner kunst-berserkers wagner zu passen, das der konfusionssteigerung mindestens so dienlich ist wie der wahrheitsfindung. doch der sänger, texter und gitarrist des grandiosen quartetts (drummachine ist mitgemeint) gewalt überrumpelte uns mit eigenem titel – und diesen zeilen:

manipulationsschulung mit patrick wagner
erbärmlichkeit überwinden.
folgt mir, eitles gesocks. ich lehre euch, durch doppelten boden zu krachen.
ich lehre euch den mut zur behauptung, zur manipulation.
ich lehre euch, wie aus eurem kleinen unbedeutenden hirn, aus eurer mickrigen eigenen wirklichkeit, wahrheit für viele, nein, für alle wird.
eine woche mit patrick wagner – ein kleines 1x1 zur gottwerdung.
ihr werdet überrascht sein.

um die verwirrung noch ein wenig zu hyperventilieren, hier ein paar worte wagners zu seiner band gewalt und sich selbst (in der 3. person): zusammen mit dm1, jasmin rilke und helen henfling hat er sich der verdichtung der unmöglichkeit und unentrinnbarkeit der menschlichen existenz verschrieben. seine texte bestechen durch eine immerwährende auseinandersetzung mit einer nicht zu ertragenden überrealität. antrieb für seine kunst ist die aufwertung der wartezeit auf den tod.
so steht es geschrieben.

http://sfd.at/wagner

 

 

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rückschau

sfd-frühlingsakademie 21 "ohne netz" >> https://sfd.at/newsflash/sfd-fruehlingsakademie-21-ohne-netz201d

sfd-herbstakademie 21 "eine kleine utopie, bitte" https://sfd.at/newsflash/sfd-herbstakademie-21-eine-kleine-utopie-bitte201d

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