11. dezember
11. tür von tex rubinowitz
Das Ungute
Ich bin mit dem Zug gefahren, in der Stadt, nachts, an Häusern vorbei, extra um in ein ganz bestimmtes Fenster zu schauen, wo ich mich sehe, weil ich weiß, dass ich dort manchmal jemanden küsse, das wäre der Beweis, ich hab da jemanden geküsst. Aber als ich vorbeifahre, sehe ich zwar mich, aber ich küsse niemanden, sehe nur mich ratlos rausstarren, wie man sich selbst manchmal in einer Fensterscheibe sieht, wenn es dunkel ist, und sich ertappt fühlt, und das denke ich dann auch, ich fühle mich dabei ertappt, wie ein Spanner meiner Wünsche, und offenbar sehe ich mich wohl häufiger ungeküsst und ratlos, dafür hätte ich ja nicht mit dem Zug fahren müssen, das hätte ich dann ja irgendwann auch mal bleiben lassen können, und das hab ich einer Freundin erzählt, und die hat gesagt, dass ich ja ganz schön platt träume. Dabei war das gar kein Traum, ich wollte sie nur küssen. Kam leider nicht dazu. Sie hat mir stattdessen später einen ungarischen Film geschenkt, auf DVD, ein Film über zwei Leute, die zufällig feststellen, dass sie Nacht für Nacht denselben Traum teilen, so kommen sie sich langsam näher.